Freitag, 29. November 2019

Tage 18,19: Verschiedene Abläufe rund ums Laufen

Inhalt: Nach den üblichen, in den vorangegangenen Beiträgen bereits erwähnten, Aufwärmübungen setzten wir an beiden Tagen das Lauftraining fort. Außerdem stand wieder das Anhalten aus der Gehbewegung heraus auf dem Übungsplan. Gestern kamen dazu noch weitere Bewegungselemente, wie das In-Position-Bringen vor dem Stuhl bzw. vor einer Wand mittels Drehung und auch die "Rückwärtsbewegung". Diese beiden Abläufe benötigt man, um sich anschließend hinzusetzen oder eben auch nur (zum Ausruhen) an die Wand zu lehnen. Natürlich habe ich Letzteres in dieser Trainingseinheit ebenfalls geübt.

Persönliches Empfingen: Beim Laufen hat sich mittlerweile meine Experimentierfreude zum Ermitteln der dafür optimalen Körperhaltung ausgezahlt. René mußte mich meist schon deutlich weniger bezüglich der Vorwärtsbewegung unterstützen. Bei der Konzentration auf das Anhalten aus dem Gehen heraus vernachlässigte ich manchmal jedoch die anderen notwendigen Bewegungen (wie z.B. seitliche Gewichtsverlagerung sowie die für den Vortrieb geeignete Körperhaltung oder das Setzen der Gehhilfen), so daß ich dann "aus dem Takt" kam. Auch der Anhaltvorgang selbst lief noch nicht immer wie gewünscht. Mit zunehmender Dauer der körperlichen Belastung schlichen sich Fehler ein, die ich bereits überwunden glaubte. Positiv: Sobald ich nach einer Ruhepause im Sitzen das Training fortsetzte, klappte es wieder deutlich besser.

Das Übungselement "Anlehnen an die Wand" mußte ich nicht besonders trainieren. Hierbei war es nur wichtig, den geeigneten Abstand der Füße (Fersen) zur Wand zu ermitteln, um nicht zu weit nach hinten zu kippen bzw. zu schräg an der Wand zu lehnen. Die dafür benötigten Bewegungsabläufe habe ich bereits mit dem Rückwärtskippen (und Wieder-in-den-Stand-drücken) zur Vorbereitung des Hinsetzens ausgiebig geübt (s.a. zweites Video des Berichts vom Tag 2).

Wesentlich anstrengender war für mich das Drehen im Stand. Dabei bewegt man den "Dreh"fuß, indem zunächst das Gewicht auf das Standbein verlagert und das entlastete Bein mittels des Einsatzes der Unterarmstützen nach hinten gedrückt wird (s. viertes Video des Berichts der Tage 8,9). Während ich die Rechtsdrehung über meine "Schokoladenseite" recht entspannt absolvierte, trieb mir die Linksdrehung um 360° die Herzfrequenz trotz langsamer Bewegung ganz schön nach oben.

Die sogenannte Rückwärtsbewegung ergab sich danach aus der wechselseitigen Kombination von jeweils kurzen (gerade beschriebenen) Links- und Rechtsdrehungen. Damit konnte ich mich ohne großen Aufwand durchaus einen halben Meter nach hinten bewegen, um mich damit beispielsweise in die optimale Position zur Wand oder zum Stuhl zu bringen.

Der Termin zur Begutachtung meiner Trainingsfortschritte durch den MDK ist nun so nahe, daß wir  zwei der nächsten Trainingseinheiten bei mir zuhause durchführen werden. Denn die Krankenkasse will den Einsatz meines "ReWalk Personal 6.0" im häuslichen Umfeld beurteilen lassen, obwohl diese Eingrenzung m. E. absolut sinnfrei ist. - Die Truppe soll sich wundern!

PS: Mir ist aufgefallen, daß ich bisher noch nicht beschrieben habe, wie der Laufvorgang initiiert wird. Während die Vorgehensweise beim Hinsetzen klar auf den Videos der entsprechenden Blogeinträge zu erkennen ist (bspl. auf dem zweiten Video des Berichts der Tage 10,11), kann man ein wichtiges Detail beim Starten des Gehens nicht oder nur bei ganz genauem Hinschauen im Video sehen. Nach Drücken der "Lauf"-Taste auf der Handgelenkssteuerung muß nämlich anschließend (innerhalb einer bestimmten Zeitspanne) das Gewicht auf das linke (Stand-)Bein verlagert werden, um danach mit einem minimalen "Rucken" aus der Hüfte heraus dem System das Signal zu geben, den ersten Schritt mit dem rechten Bein zu beginnen. Diese Abfolge ist fest vorgegeben, ein Starten mit dem linken Bein (für den ersten Schritt) ist nicht möglich.

Freitag, 22. November 2019

Tag 17: Vom Laufen in den Stand

Inhalt: Nachdem das Laufen mit dem "ReWalk Personal 6.0" so gut klappt, daß ich auch längere Strecken ohne Anzuhalten bewältige, rücken die kleinen Details am Rande etwas mehr in den Vordergrund. Dazu gehört "der erste Schritt" inkl. der Synchronisation des Einsatzes der Unterarmstützen mit der Schrittbewegung, aber eben auch das Stehenbleiben aus der Bewegung. Während ich inzwischen beim Start die Koordination (meist) gut hinbekomme, muß ich unbedingt noch die Abläufe für das Anhalten üben. Daher konzentrierten wir uns neben dem Lauftraining diesmal besonders auf diesen Vorgang.

Persönliches Empfinden: Das Laufen wird nun immer flüssiger, und immer weniger muß ich über die einzelnen Bewegungen "nachdenken". Außerdem übernehme ich während des Laufens offensichtlich mehr und mehr auch die Vorwärtsbewegung. Jedenfalls signalisierte mir René, daß seine Schiebeunterstützung schon wesentlich geringer ausfällt. Mit einem gleichmäßigen Gehen kommt diese notwendige Richtungsbewegung bei entsprechender Körperhaltung vermutlich fast von ganz allein, denn eigentlich mache ich nichts spürbar anders.

Damit konnten wir uns auch der nächsten "Baustelle" widmen: dem Anhalten aus der Bewegung. Das erfolgt, indem man den Körper auf die Seite des nächsten Schrittes verlagert, BEVOR dieser dann ausgeführt wird. Dadurch "hackt" die Fußspitze beim anschließenden Ausführen der Schrittbewegung in den Boden und das Bein stoppt. (Beim Laufen ist es genau umgekehrt: Hier verlagert man den Körper immer auf das jeweilige Standbein und verschafft damit dem Schrittbein die notwendige Bewegungsfreiheit.) Soweit die absolut einleuchtende Theorie. Die praktische Umsetzung war jedoch so eine Sache, denn quasi während des Laufens mußte ich im Kopf umschalten und den zum Laufen komplett entgegengesetzten Ablauf einleiten. Selbst René hatte damit zunächst Probleme, als er mich beim Üben "fremdsteuerte". Erfreulicherweise bekamen wir jedoch noch in dieser Trainingseinheit grob den Bogen raus, obwohl ich das unbedingt weiter üben muß.

Inzwischen freue ich mich auf jede neue Trainingseinheit. Die Fortschritte sind nun von Mal zu Mal deutlich spürbar, und manchmal denke ich bereits darüber nach, mal mit dem Exoskelett und entsprechender Unterstützung durch meine Trainer im Freien "spazieren" zu gehen. Ich glaube, daß ich damit trotzdem nicht die schlechteste Figur machen würde ...

Dienstag, 19. November 2019

Tage 15, 16: Durchbruch beim Laufen

Inhalt: Wie schon bei den vorangegangenen Trainingseinheiten konzentrierten wir uns erneut auf die Laufübungen. Zu Beginn fand dazu die übliche "Aufwärmphase" mit dem Gleichgewichtstraining statt, außerdem das zum Hinsetzen benötigte (Vor- und) Zurückwippen des Körpers im Stand. Hier lief es bei den letzten Malen nicht immer perfekt. Beim anschließenden Laufen galt es für mich, das entsprechende Körpergefühl zu entwickeln, um die Bewegungen immer mehr selbst zu steuern bzw. zu kontrollieren. Aus dem Lauf in den Stand zu kommen, ist immer noch eine echte Herausforderung.

Persönliches Empfinden: Bereits die erste dieser beiden Trainingseinheiten brachte mir erhebliche Fortschritte beim Laufen. Allerdings verpatzte ich auch mal das Hinsetzen, so daß ich daraufhin noch einmal das Zurückwippen übte, mit dem dieser Vorgang eingeleitet wird. Ansonsten hatte ich am Ende dieses Tages den Eindruck, kurz vor dem Punkt zu stehen, an welchem man von einer flüssigen und weitgehend harmonischen Gangbewegung sprechen kann. Inzwischen benötige ich auch viel weniger Kraft für die einzelnen Übungen und kann damit viel länger und intensiver trainieren. Zum Hinsetzen am Ende eines Intervalls sind nämlich immer noch ausreichend Kraftreserven vonnöten.

Gestern bestätigte sich dann mein Eindruck des vorangegangenen  Trainings. Mit Unterstützung von René lief ich nun etliche Male größere Strecken ohne Unterbrechung. Das war insofern wichtig, als das Laufgefühl eigentlich erst während dieser längeren Bewegungsintervalle geschult wird. Dabei konzentriert man sich nicht mehr auf die einzelnen Abläufe, sondern "automatisiert" die Bewegung auch im Kopf. Schlußendlich sollte es ja so sein, daß der Nutzer des Exoskeletts gar nicht mehr über das Laufen "nachdenkt". Dies jedenfalls würde dem realen Laufen als Fußgänger schon sehr nahekommen. Natürlich gab es während des Trainings auch einige lustige Szenen, als z.B. das Anhalten aus der Bewegung nicht wie gewünscht funktionierte und meine beiden Trainer mich wie einen wild gewordenen Stier bändigen, d.h. zum Stehen bringen mußten. Aber wir sehen das mit Humor, denn ganz gewiß werde ich das auch noch hinbekommen. Beim Anhalten sind eben nur etliche Einzelabläufe in anderer Reihenfolge zu aktivieren, als für das Laufen. Auch das muß im Kopf erst mal abgespeichert werden. Die Atmosphäre beim Training könnte derzeit nicht besser sein. Claudia, René und ich - wir sind ein Dreamteam!

Dienstag, 12. November 2019

Tage 12-14: Intensivierung des Lauftrainings

Inhalt: Schwerpunkt der vergangenen drei Trainingseinheiten war das Lauftraining. Nach dem Aufstehen und wenigen Gleichgewichtsübungen übte ich sofort, d.h. mit noch frischer Kraft, das Laufen. Während ich mich auf das koordinierte Setzen der Unterarmstützen sowie die Körperhaltung konzentrierte, übernahm René beim Gehen immer noch den größten Teil der erforderlichen Gleichgewichtsverlagerung auf das Standbein.   

Persönliches Empfinden: Wir sind in den Mühen der Niederung angekommen. Es kostet viel Arbeit und ein enormes Maß an Konzentration, die Bewegungen zu synchronisieren. Ein flüssiges Gangbild ist derzeit (leider) noch die Ausnahme. Allerdings klappt jetzt - so habe ich zumindest den Eindruck - der Ablauf des ersten Schrittes ganz gut. Dieser ist immer der schwierigste, weil dabei das Setzen der Unterarmstützen bei der Schrittbewegung initiiert und in den Ablauf eingetaktet werden muß. Dafür haben wir noch keine Vorstellung entwickelt, wie ich effektiv vom Laufen wieder in den Stand komme. Obwohl uns die theoretischen Abläufe klar sind, hapert es mit praktischen Umsetzung. Auch ein langer durchgehender Lauf ist derzeit noch die Ausnahme. Naja, und meine Körperhaltung ist unbedingt noch verbesserungswürdig - diese schwankt derzeit noch zwischen "zu weit hinten" und "zu weit vorn" (im Video beispielsweise lehne ich mich zu weit zurück). Das Setzen der Unterarmstützen ist deshalb auch meist zu hastig und dementsprechend suboptimal. Obwohl der Einsatz der Gehhilfen dann meist mit steigender Anzahl der Schritt besser wird.

Trotzdem kommt der Spaß beim Training nicht zu kurz. Inzwischen haben wir ein paar kurze, einprägsame Begriffe entwickelt, die bestimmte Situationen charakterisieren. Die Lustigsten sind:
- "Little Buddha": Mir ist das T-Shirt durch die Bewegung hochgerutscht, so daß der Bauch freiliegt. Claudia korrigiert das dann, während ich stillstehe.
- "Skispringer": Ich stehe im ReWalk zu weit nach vorn gebeugt und habe noch nicht (oder nicht mehr) den Gleichgewichtspunkt für den aufrechten Stand gefunden. Dadurch steigt natürlich auch die benötigte Kraft für das Ausgleichen mit den Unterarmstützen.
- "The Wrong Trousers" (Film mit Wallace & Gromit): Ich will mit dem ReWalk anhalten, aber wir bekommen den Übergang vom Lauf zum Stand nicht richtig hin, so daß ich mich immer noch (ungewollt) weiterbewege.

Samstag, 2. November 2019

Tage 10, 11: Laufübungen, Übernahme der Kontrolle

Inhalt: Es wird langsam Zeit für die nächste Trainingsphase. Der Tag 10 begann zunächst mit verschiedenen Grundübungen, gipfelte dann aber in einigen Laufmetern. Damit sollte ich vor allem mit den Bewegungen des Exoskeletts vertrauter werden. In der darauffolgenden Trainingseinheit unter Leitung von Marcel ging es dann gleich noch einen Schritt weiter. Ich erhielt das Steuergerät für das "ReWalk Personal 6.0" und wurde damit derjenige, welcher die Bewegungsabläufe "Aufstehen", "Hinsetzen" und "Gehen" initiierte. Beim zweiten Training mußte ich diesmal auch längere Strecken im Gehen zurücklegen.

Persönliches Empfinden: Das Training vom Montag bleibt mir als recht entspannt in Erinnerung. Die Gleichgewichtsübungen forderten mich nun nicht mehr sonderlich, auch das Aufstehen und Hinsetzen klappt größtenteils. Nach wie vor die schwierigste Aufgabe ist das Synchronisieren des Setzens der Unterarmstützen mit den Bewegungen des Exoskeletts beim Gehen. Wie Marcel mir während des nächsten Trainings noch einmal detailliert erklärte, müssen die Gehhilfen immer genau in dem Moment gesetzt werden, wenn das Bein des Exoskeletts die Vorwärtsbewegung für den jeweiligen Schritt beendet hat. Dann hört auch das Motorgeräusch auf und ermöglicht damit die akustische Rückkopplung für den Benutzer des Systems.

Marcel begleitete uns die ganze zweite Trainingseinheit und überraschte gleich mit einer gravierenden Neuerung: zukünftig soll ich die Steuerung des Exoskeletts selbst übernehmen. Natürlich war ich diesbezüglich zunächst ziemlich skeptisch, doch nach einer Einweisung in die Abläufe funktionierte es überraschend gut. Zwar benötigte ich so beim Aufstehen und Hinsetzen wieder etwas Unterstützung durch den Trainer, aber später ist das für mich auch ohne Hilfe zu schaffen.

Beim Gangtraining übernimmt mein Begleiter jedoch immer noch den größten Teil der Bewegung. Mein Kopf ist noch nicht frei genug, denn die Konzentration auf diese Bewegung beeinträchtigt derzeit noch erheblich ein flüssiges Vorwärtskommen und damit das bewußte Gehen. Immerhin habe ich diesmal einen wichtigen Tip zum Benutzen der Unterarmstützen bekommen (s.o.). Marcel sagt, ich müßte "Meter machen", um für das Laufen (wieder) ein Gefühl zu entwickeln. Immerhin sitze ich jetzt bereits 20 Jahre im Rollstuhl, so daß mein Körper diese Bewegung inzwischen "vergessen hat". Dieses Argument kann ich sehr gut nachvollziehen. Demnächst folgen also auch längere Laufstrecken. Außerdem bringt das den Kreislauf ordentlich in Schwung ...