Dienstag, 17. Dezember 2019

Tag 24: Abschluß des Grundlagentrainings

Inhalt: In der letzten Übungseinheit nach der Begutachtung ging es verstärkt um das selbständige Laufen mit dem Exoskelett. Außerdem haben wir die Abläufe beim Kurvengehen geübt sowie als krönenden Abschluß eine "Langstreckenwanderung" im Übungsraum absolviert.

Persönliches Empfinden: Die ganzen Übungen zur Vorbereitung und zum Abschluß des Laufens - wie z.B. Aufstehen und Hinsetzen - laufen nun wie selbstverständlich ab und erfordern nunmehr weder viel Kraft noch besondere Aufmerksamkeit. Auf die leichte Schulter darf ich diese Abläufe trotzdem nicht nehmen, denn dann schleichen sich Wackler ein.

Dafür gab es beim Laufen zunächst einen Aha-Effekt. Als nämlich Linda für dieses Trainingseinheit die Führung des Exoskeletts übernahm, minimierte sie dabei die Unterstützung für mich. Plötzlich kam ich nur noch in Ein- bis Zweierschritten voran. Offensichtlich hatte zuvor René am System beim Gehen viel mehr Hilfe geleistet, was jedoch mir und auch ihm gar nicht so klar gewesen ist. Für uns war dies das Signal, mehr auf meine Eigenbewegung zu achten bzw. diese zu trainieren. Zwar erwies sich das zunächst als ziemlich frustrierend, von einem flüssigen Bewegungsablauf wieder in den stockenden Gang zurückzufallen. Doch immerhin entwickelte ich dabei vor allem durch die direktere Lagerückmeldung meines Körpers allmählich ein besseres Bewegungsgefühl. Schließlich schaffte ich auch wieder mehrere Schritte am Stück, bei denen René nur noch selten eingriff. Das ist eine gute Basis für das Aufbautraining.

Zur Motivation für zukünftige Aktionen "marschierte" ich am Ende der Trainingseinheit (wieder mit etwas mehr Unterstützung durch René) eine längere Strecke in einem langgestreckten Kreis. Das fühlte sich ganz gut an, und auch der Kräfteverschleiß hielt sich dabei in Grenzen. - So sollte es irgendwann von ganz allein laufen.

Fazit: Nach einem viertel Jahr Training bin ich mit den Ergebnissen durchaus zufrieden. Viele Bewegungsabläufe, die zu Beginn überhaupt noch nicht vorstellbar waren, kann ich nun teilweise sogar völlig ohne Unterstützung selbst ausführen. Allerdings bleibt immer noch viel zu tun, bis ich ganz ohne die Hilfe auf Abruf mit dem ReWalk Personal 6.0 klarkomme. Denn noch haben wir auf perfektem Untergrund geübt. Die Unebenheiten auf den Gehwegen, (zunächst) leichte  Anstiege bzw. geringes Gefälle stellen in der Anwendungspraxis dann ganz andere Anforderungen. Das zu üben, wird der Inhalt des Aufbautrainings sein. Ich hoffe, es wird im nächsten Jahr nahtlos weitergehen ...

Freitag, 13. Dezember 2019

Tage 22, 23: Letzter Testlauf und Begutachtung

Inhalt: Gestern fand die Begutachtung durch eine Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) in meiner Wohnung statt. Vor der praktischen Demonstration meiner Trainingsfortschritte wurde ich sowie meine Trainer zum Verlauf des Trainings und den beabsichtigten Einsatzmöglichkeiten befragt, außerdem informierte sich die Gutachterin über das Anwendungsumfeld sowie meine vorhandenen körperlichen Voraussetzungen. Darüberhinaus standen mir auch zwei Mitarbeiterinnen des Hilfsmittel-Herstellers zu Seite, um weitere Details zum ReWalk-System sowie zu dessen Anwendung beizusteuern. Diesem Termin vorausgegangen war ein zweites Training mit Claudia und René im häuslichen Umfeld, bei dem wir noch einmal alle Abläufe in meinen Räumlichkeiten übten. Besonders wichtig war dabei das Laufen von Kurven sowie das punktgenaue Anhalten aus der Bewegung.

Persönliches Empfinden: Das Training am Anfang der Woche zur Vorbereitung auf den Begutachtungstermin verlief nahezu optimal. Gut ausgeruht klappten die meisten Übungen auf Anhieb, und auch beim Kurvenlaufen gab es erhebliche Fortschritte. Dazu hatte ich mir einen Ablauf überlegt, der inzwischen durch das nachgereichte Demovideo bestätigt wurde. Mittlerweile gelingt es mir immer besser, mich in die Funktionsweise des ReWalk-Systems hineinzuversetzen und daraus die notwendige Bewegungen für mich abzuleiten. Diese Trainingseinheit stimmte mich jedenfalls optimistisch.

Zu Beginn der Demonstration im Rahmen der Begutachtung holperte es zunächst etwas. Auch wenn mir das eigentlich gar nicht so bewußt wurde, war ich doch trotz allem etwas aufgeregt. Das System vor den Augen vor bisher Unbeteiligten zu benutzen, steigerte unbestritten meine Anspannung. Immerhin hatte es in dieser Woche auch dazu einen "Probelauf" gegeben, als ich gemeinsam mit René den Ärzten im Querschnittgelähmten-Zentrum der Klinik Bavaria in Kreischa-Zscheckwitz das ReWalk-Exoskelett vorführte. Auch dort ging dabei der Puls nach oben, obwohl ich in diesem Fall selbst den Termin angeregt, d.h. den Streß mir selbst verordnet hatte.

Letztlich kam ich jedoch bei der Begutachtung in meiner Wohnung bald wieder in Tritt, und zwar im wörtlichen Sinne. Folgende Übungen habe ich dabei vorgeführt, abgesehen vom Gehen alle im wesentlichen ohne Hilfe, ersteres mit leichter Unterstützung bzw. Korrektur:

  • Aufstehen
  • Gleichgewichtsübungen (Heben und Bewegen der Unterarmstützen, Gewichtsverlagerung auf das Standbein)
  • Gehen mit dem Exoskelett, u.a. auch durch ca. 84 cm breite (offene) Türen, sowie Abbiegen in angrenzende Räume (Kurvenlauf)
  • Drehung im Stand
  • Rückwärtsbewegung im Exoskelett durch wechselseitiges Rückwärtsschieben der Beine
  • Anlehnen an eine Wand (zum Ausruhen)
  • Hinsetzen

Einige kleinere Unzulänglichkeiten lagen an den Gegebenheiten des sogenannten häuslichen Umfelds, was ich m. E. gut begründen konnte. Aus meiner Perspektive verlief deshalb die Demonstration wie gewünscht.

Nun bleibt abzuwarten, was die Gutachterin dazu sagt. Zwar hat ihre Bewertung nicht unmittelbar Einfluß auf die Frage der Beschaffung des ReWalk-Systems für mich, doch kann ihr Urteil mir durchaus noch einmal das Leben schwermachen. Leider habe ich in der Vergangenheit schon des öfteren bei solchen MDK-Terminen (z.B. im Rahmen der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit) eine offensichtliche Diskrepanz zwischen den (durchaus positiven) Rückmeldungen der Gutachter während des Vorort-Termins und ihrer anschließenden schriftlichen Äußerung festgestellt, so daß für mich auch in diesem Fall das Ergebnis noch völlig offen ist. Erst durch die schriftliche Information der Krankenkasse weiß ich, woran ich bin. Und das wird sicher nicht mehr in diesem Jahr ...

Freitag, 6. Dezember 2019

Tage 20, 21: Vorbereitung auf die Begutachtung

Inhalt: Mein dreimonatiges Training neigt sich allmählich dem Ende entgegen. Zum Schluß soll eine Begutachtung durch den MDK erfolgen, um festzustellen, wie ich nach dieser Zeit das "ReWalk Personal 6.0" nutzen kann. Da dieser Termin bei mir zuhause stattfinden wird, haben wir am Tag 20 die Trainingsaktivitäten in meine Wohnung verlegt. Das darauffolgende Training fand dann gestern allerdings noch einmal in Dresden statt, um ein weiteres Element zu üben. Man kann zwar auch im Stand die Laufrichtung ändern, eleganter ist das jedoch während des Laufens. Neben dem Bewältigen längerer Laufstrecken und den Übungen zum Anhalten aus dem Lauf übte ich also während des zweiten Trainings auch das Kurvenlaufen.

Persönliches Empfinden: Im Verlauf der vergangenen drei für das Training vorgesehenen Monate gab es immer mal Tage, wo es nicht so perfekt lief. Das lag nicht nur an der körperlichen Verfassung am jeweiligen Trainingstag, sondern auch an kleineren gesundheitlichen Einschränkungen, z.B. einem leichten Infekt. Außerdem habe ich inzwischen festgestellt, daß sich meine Aktivitäten im ReWalk-System offensichtlich auch unmittelbar auf meine Darmtätigkeit auswirkt. Wie sich am Montag bestätigte, bin ich gut beraten, wenn mein letzter Toilettengang nicht allzu lange vor der Nutzung des Exoskeletts erfolgt.

Leider hatte ich am ersten Trainingstag einen dieser schlechten Tage erwischt. Außerdem stellte es sich heraus, daß die veränderten räumlichen Gegebenheiten tatsächlich Auswirkungen auf mein subjektives Lage- und Bewegungsgefühl hatten und ich mich erst daran anpassen mußte. Vielleicht war ja auch ein wenig Aufregung bzw. Leistungsdruck der Grund dafür, daß ich mich nicht so sicher bewegte, wie in den Tagen davor. Es hat sich eben noch nicht soviel Routine eingestellt, um veränderte (örtliche) Gegebenheit immer souverän zu meistern.

Das Anhalten aus der Bewegung ist leider immer noch ein Thema. Manchmal funktionierte es ganz gut, ein anderes Mal bekam ich den Vorgang nicht auf Anhieb in den Griff. Wenn der erste Versuch mißlang, wurde mein Lauf danach ziemlich wackelig, was wiederum den nächsten Anlauf zum Anhalten beeinträchtigte. Ich kann leider immer noch nicht behaupten, daß ich das hundertprozentige Körpergefühl für diese Bewegung entwickelt habe. Schön wäre es natürlich gewesen, wenn ich dazu auch mal den erfahrenen ReWalk-Trainer Marcel hätte konsultieren können. Doch der macht sich momentan ziemlich rar, weil er neben mir gleichzeitig auch noch das Training weiterer Patienten zu betreuen hat.

Auch was die Drehung im Schritt betrifft, wäre eine zusätzliche technische Anleitung durch Marcel hilfreich. Das betrifft vor allem die zeitliche und räumliche Koordination zwischen der Bewegung der Beine im Exoskelett und dem Setzen der Unterarmstützen. Leider habe ich dafür bisher auch kein geeignetes Demovideo gesehen, so daß ich bei dieser Übung gemeinsam mit René improvisieren mußte. Das machte es jedenfalls nicht unbedingt einfacher. Bevor ich diesen Bewegungablauf ausführlich erkläre bzw. ein Video dazu veröffentliche, muß ich mir erst einmal selbst darüber klar werden. Deshalb nachfolgend nur ein paar Videos vom Training in meiner Wohnung.

Das (hoffentlich vorläufige) Finale geht in der nächsten Woche in meiner Wohnung über die Bühne.

Freitag, 29. November 2019

Tage 18,19: Verschiedene Abläufe rund ums Laufen

Inhalt: Nach den üblichen, in den vorangegangenen Beiträgen bereits erwähnten, Aufwärmübungen setzten wir an beiden Tagen das Lauftraining fort. Außerdem stand wieder das Anhalten aus der Gehbewegung heraus auf dem Übungsplan. Gestern kamen dazu noch weitere Bewegungselemente, wie das In-Position-Bringen vor dem Stuhl bzw. vor einer Wand mittels Drehung und auch die "Rückwärtsbewegung". Diese beiden Abläufe benötigt man, um sich anschließend hinzusetzen oder eben auch nur (zum Ausruhen) an die Wand zu lehnen. Natürlich habe ich Letzteres in dieser Trainingseinheit ebenfalls geübt.

Persönliches Empfingen: Beim Laufen hat sich mittlerweile meine Experimentierfreude zum Ermitteln der dafür optimalen Körperhaltung ausgezahlt. René mußte mich meist schon deutlich weniger bezüglich der Vorwärtsbewegung unterstützen. Bei der Konzentration auf das Anhalten aus dem Gehen heraus vernachlässigte ich manchmal jedoch die anderen notwendigen Bewegungen (wie z.B. seitliche Gewichtsverlagerung sowie die für den Vortrieb geeignete Körperhaltung oder das Setzen der Gehhilfen), so daß ich dann "aus dem Takt" kam. Auch der Anhaltvorgang selbst lief noch nicht immer wie gewünscht. Mit zunehmender Dauer der körperlichen Belastung schlichen sich Fehler ein, die ich bereits überwunden glaubte. Positiv: Sobald ich nach einer Ruhepause im Sitzen das Training fortsetzte, klappte es wieder deutlich besser.

Das Übungselement "Anlehnen an die Wand" mußte ich nicht besonders trainieren. Hierbei war es nur wichtig, den geeigneten Abstand der Füße (Fersen) zur Wand zu ermitteln, um nicht zu weit nach hinten zu kippen bzw. zu schräg an der Wand zu lehnen. Die dafür benötigten Bewegungsabläufe habe ich bereits mit dem Rückwärtskippen (und Wieder-in-den-Stand-drücken) zur Vorbereitung des Hinsetzens ausgiebig geübt (s.a. zweites Video des Berichts vom Tag 2).

Wesentlich anstrengender war für mich das Drehen im Stand. Dabei bewegt man den "Dreh"fuß, indem zunächst das Gewicht auf das Standbein verlagert und das entlastete Bein mittels des Einsatzes der Unterarmstützen nach hinten gedrückt wird (s. viertes Video des Berichts der Tage 8,9). Während ich die Rechtsdrehung über meine "Schokoladenseite" recht entspannt absolvierte, trieb mir die Linksdrehung um 360° die Herzfrequenz trotz langsamer Bewegung ganz schön nach oben.

Die sogenannte Rückwärtsbewegung ergab sich danach aus der wechselseitigen Kombination von jeweils kurzen (gerade beschriebenen) Links- und Rechtsdrehungen. Damit konnte ich mich ohne großen Aufwand durchaus einen halben Meter nach hinten bewegen, um mich damit beispielsweise in die optimale Position zur Wand oder zum Stuhl zu bringen.

Der Termin zur Begutachtung meiner Trainingsfortschritte durch den MDK ist nun so nahe, daß wir  zwei der nächsten Trainingseinheiten bei mir zuhause durchführen werden. Denn die Krankenkasse will den Einsatz meines "ReWalk Personal 6.0" im häuslichen Umfeld beurteilen lassen, obwohl diese Eingrenzung m. E. absolut sinnfrei ist. - Die Truppe soll sich wundern!

PS: Mir ist aufgefallen, daß ich bisher noch nicht beschrieben habe, wie der Laufvorgang initiiert wird. Während die Vorgehensweise beim Hinsetzen klar auf den Videos der entsprechenden Blogeinträge zu erkennen ist (bspl. auf dem zweiten Video des Berichts der Tage 10,11), kann man ein wichtiges Detail beim Starten des Gehens nicht oder nur bei ganz genauem Hinschauen im Video sehen. Nach Drücken der "Lauf"-Taste auf der Handgelenkssteuerung muß nämlich anschließend (innerhalb einer bestimmten Zeitspanne) das Gewicht auf das linke (Stand-)Bein verlagert werden, um danach mit einem minimalen "Rucken" aus der Hüfte heraus dem System das Signal zu geben, den ersten Schritt mit dem rechten Bein zu beginnen. Diese Abfolge ist fest vorgegeben, ein Starten mit dem linken Bein (für den ersten Schritt) ist nicht möglich.

Freitag, 22. November 2019

Tag 17: Vom Laufen in den Stand

Inhalt: Nachdem das Laufen mit dem "ReWalk Personal 6.0" so gut klappt, daß ich auch längere Strecken ohne Anzuhalten bewältige, rücken die kleinen Details am Rande etwas mehr in den Vordergrund. Dazu gehört "der erste Schritt" inkl. der Synchronisation des Einsatzes der Unterarmstützen mit der Schrittbewegung, aber eben auch das Stehenbleiben aus der Bewegung. Während ich inzwischen beim Start die Koordination (meist) gut hinbekomme, muß ich unbedingt noch die Abläufe für das Anhalten üben. Daher konzentrierten wir uns neben dem Lauftraining diesmal besonders auf diesen Vorgang.

Persönliches Empfinden: Das Laufen wird nun immer flüssiger, und immer weniger muß ich über die einzelnen Bewegungen "nachdenken". Außerdem übernehme ich während des Laufens offensichtlich mehr und mehr auch die Vorwärtsbewegung. Jedenfalls signalisierte mir René, daß seine Schiebeunterstützung schon wesentlich geringer ausfällt. Mit einem gleichmäßigen Gehen kommt diese notwendige Richtungsbewegung bei entsprechender Körperhaltung vermutlich fast von ganz allein, denn eigentlich mache ich nichts spürbar anders.

Damit konnten wir uns auch der nächsten "Baustelle" widmen: dem Anhalten aus der Bewegung. Das erfolgt, indem man den Körper auf die Seite des nächsten Schrittes verlagert, BEVOR dieser dann ausgeführt wird. Dadurch "hackt" die Fußspitze beim anschließenden Ausführen der Schrittbewegung in den Boden und das Bein stoppt. (Beim Laufen ist es genau umgekehrt: Hier verlagert man den Körper immer auf das jeweilige Standbein und verschafft damit dem Schrittbein die notwendige Bewegungsfreiheit.) Soweit die absolut einleuchtende Theorie. Die praktische Umsetzung war jedoch so eine Sache, denn quasi während des Laufens mußte ich im Kopf umschalten und den zum Laufen komplett entgegengesetzten Ablauf einleiten. Selbst René hatte damit zunächst Probleme, als er mich beim Üben "fremdsteuerte". Erfreulicherweise bekamen wir jedoch noch in dieser Trainingseinheit grob den Bogen raus, obwohl ich das unbedingt weiter üben muß.

Inzwischen freue ich mich auf jede neue Trainingseinheit. Die Fortschritte sind nun von Mal zu Mal deutlich spürbar, und manchmal denke ich bereits darüber nach, mal mit dem Exoskelett und entsprechender Unterstützung durch meine Trainer im Freien "spazieren" zu gehen. Ich glaube, daß ich damit trotzdem nicht die schlechteste Figur machen würde ...

Dienstag, 19. November 2019

Tage 15, 16: Durchbruch beim Laufen

Inhalt: Wie schon bei den vorangegangenen Trainingseinheiten konzentrierten wir uns erneut auf die Laufübungen. Zu Beginn fand dazu die übliche "Aufwärmphase" mit dem Gleichgewichtstraining statt, außerdem das zum Hinsetzen benötigte (Vor- und) Zurückwippen des Körpers im Stand. Hier lief es bei den letzten Malen nicht immer perfekt. Beim anschließenden Laufen galt es für mich, das entsprechende Körpergefühl zu entwickeln, um die Bewegungen immer mehr selbst zu steuern bzw. zu kontrollieren. Aus dem Lauf in den Stand zu kommen, ist immer noch eine echte Herausforderung.

Persönliches Empfinden: Bereits die erste dieser beiden Trainingseinheiten brachte mir erhebliche Fortschritte beim Laufen. Allerdings verpatzte ich auch mal das Hinsetzen, so daß ich daraufhin noch einmal das Zurückwippen übte, mit dem dieser Vorgang eingeleitet wird. Ansonsten hatte ich am Ende dieses Tages den Eindruck, kurz vor dem Punkt zu stehen, an welchem man von einer flüssigen und weitgehend harmonischen Gangbewegung sprechen kann. Inzwischen benötige ich auch viel weniger Kraft für die einzelnen Übungen und kann damit viel länger und intensiver trainieren. Zum Hinsetzen am Ende eines Intervalls sind nämlich immer noch ausreichend Kraftreserven vonnöten.

Gestern bestätigte sich dann mein Eindruck des vorangegangenen  Trainings. Mit Unterstützung von René lief ich nun etliche Male größere Strecken ohne Unterbrechung. Das war insofern wichtig, als das Laufgefühl eigentlich erst während dieser längeren Bewegungsintervalle geschult wird. Dabei konzentriert man sich nicht mehr auf die einzelnen Abläufe, sondern "automatisiert" die Bewegung auch im Kopf. Schlußendlich sollte es ja so sein, daß der Nutzer des Exoskeletts gar nicht mehr über das Laufen "nachdenkt". Dies jedenfalls würde dem realen Laufen als Fußgänger schon sehr nahekommen. Natürlich gab es während des Trainings auch einige lustige Szenen, als z.B. das Anhalten aus der Bewegung nicht wie gewünscht funktionierte und meine beiden Trainer mich wie einen wild gewordenen Stier bändigen, d.h. zum Stehen bringen mußten. Aber wir sehen das mit Humor, denn ganz gewiß werde ich das auch noch hinbekommen. Beim Anhalten sind eben nur etliche Einzelabläufe in anderer Reihenfolge zu aktivieren, als für das Laufen. Auch das muß im Kopf erst mal abgespeichert werden. Die Atmosphäre beim Training könnte derzeit nicht besser sein. Claudia, René und ich - wir sind ein Dreamteam!

Dienstag, 12. November 2019

Tage 12-14: Intensivierung des Lauftrainings

Inhalt: Schwerpunkt der vergangenen drei Trainingseinheiten war das Lauftraining. Nach dem Aufstehen und wenigen Gleichgewichtsübungen übte ich sofort, d.h. mit noch frischer Kraft, das Laufen. Während ich mich auf das koordinierte Setzen der Unterarmstützen sowie die Körperhaltung konzentrierte, übernahm René beim Gehen immer noch den größten Teil der erforderlichen Gleichgewichtsverlagerung auf das Standbein.   

Persönliches Empfinden: Wir sind in den Mühen der Niederung angekommen. Es kostet viel Arbeit und ein enormes Maß an Konzentration, die Bewegungen zu synchronisieren. Ein flüssiges Gangbild ist derzeit (leider) noch die Ausnahme. Allerdings klappt jetzt - so habe ich zumindest den Eindruck - der Ablauf des ersten Schrittes ganz gut. Dieser ist immer der schwierigste, weil dabei das Setzen der Unterarmstützen bei der Schrittbewegung initiiert und in den Ablauf eingetaktet werden muß. Dafür haben wir noch keine Vorstellung entwickelt, wie ich effektiv vom Laufen wieder in den Stand komme. Obwohl uns die theoretischen Abläufe klar sind, hapert es mit praktischen Umsetzung. Auch ein langer durchgehender Lauf ist derzeit noch die Ausnahme. Naja, und meine Körperhaltung ist unbedingt noch verbesserungswürdig - diese schwankt derzeit noch zwischen "zu weit hinten" und "zu weit vorn" (im Video beispielsweise lehne ich mich zu weit zurück). Das Setzen der Unterarmstützen ist deshalb auch meist zu hastig und dementsprechend suboptimal. Obwohl der Einsatz der Gehhilfen dann meist mit steigender Anzahl der Schritt besser wird.

Trotzdem kommt der Spaß beim Training nicht zu kurz. Inzwischen haben wir ein paar kurze, einprägsame Begriffe entwickelt, die bestimmte Situationen charakterisieren. Die Lustigsten sind:
- "Little Buddha": Mir ist das T-Shirt durch die Bewegung hochgerutscht, so daß der Bauch freiliegt. Claudia korrigiert das dann, während ich stillstehe.
- "Skispringer": Ich stehe im ReWalk zu weit nach vorn gebeugt und habe noch nicht (oder nicht mehr) den Gleichgewichtspunkt für den aufrechten Stand gefunden. Dadurch steigt natürlich auch die benötigte Kraft für das Ausgleichen mit den Unterarmstützen.
- "The Wrong Trousers" (Film mit Wallace & Gromit): Ich will mit dem ReWalk anhalten, aber wir bekommen den Übergang vom Lauf zum Stand nicht richtig hin, so daß ich mich immer noch (ungewollt) weiterbewege.

Samstag, 2. November 2019

Tage 10, 11: Laufübungen, Übernahme der Kontrolle

Inhalt: Es wird langsam Zeit für die nächste Trainingsphase. Der Tag 10 begann zunächst mit verschiedenen Grundübungen, gipfelte dann aber in einigen Laufmetern. Damit sollte ich vor allem mit den Bewegungen des Exoskeletts vertrauter werden. In der darauffolgenden Trainingseinheit unter Leitung von Marcel ging es dann gleich noch einen Schritt weiter. Ich erhielt das Steuergerät für das "ReWalk Personal 6.0" und wurde damit derjenige, welcher die Bewegungsabläufe "Aufstehen", "Hinsetzen" und "Gehen" initiierte. Beim zweiten Training mußte ich diesmal auch längere Strecken im Gehen zurücklegen.

Persönliches Empfinden: Das Training vom Montag bleibt mir als recht entspannt in Erinnerung. Die Gleichgewichtsübungen forderten mich nun nicht mehr sonderlich, auch das Aufstehen und Hinsetzen klappt größtenteils. Nach wie vor die schwierigste Aufgabe ist das Synchronisieren des Setzens der Unterarmstützen mit den Bewegungen des Exoskeletts beim Gehen. Wie Marcel mir während des nächsten Trainings noch einmal detailliert erklärte, müssen die Gehhilfen immer genau in dem Moment gesetzt werden, wenn das Bein des Exoskeletts die Vorwärtsbewegung für den jeweiligen Schritt beendet hat. Dann hört auch das Motorgeräusch auf und ermöglicht damit die akustische Rückkopplung für den Benutzer des Systems.

Marcel begleitete uns die ganze zweite Trainingseinheit und überraschte gleich mit einer gravierenden Neuerung: zukünftig soll ich die Steuerung des Exoskeletts selbst übernehmen. Natürlich war ich diesbezüglich zunächst ziemlich skeptisch, doch nach einer Einweisung in die Abläufe funktionierte es überraschend gut. Zwar benötigte ich so beim Aufstehen und Hinsetzen wieder etwas Unterstützung durch den Trainer, aber später ist das für mich auch ohne Hilfe zu schaffen.

Beim Gangtraining übernimmt mein Begleiter jedoch immer noch den größten Teil der Bewegung. Mein Kopf ist noch nicht frei genug, denn die Konzentration auf diese Bewegung beeinträchtigt derzeit noch erheblich ein flüssiges Vorwärtskommen und damit das bewußte Gehen. Immerhin habe ich diesmal einen wichtigen Tip zum Benutzen der Unterarmstützen bekommen (s.o.). Marcel sagt, ich müßte "Meter machen", um für das Laufen (wieder) ein Gefühl zu entwickeln. Immerhin sitze ich jetzt bereits 20 Jahre im Rollstuhl, so daß mein Körper diese Bewegung inzwischen "vergessen hat". Dieses Argument kann ich sehr gut nachvollziehen. Demnächst folgen also auch längere Laufstrecken. Außerdem bringt das den Kreislauf ordentlich in Schwung ...

Freitag, 25. Oktober 2019

Tage 8,9: Von den Übungen zur Körperschwerpunktverlangerung zum Gangtraining

Inhalt: Nachdem das Aufstehen und Hinsetzen größtenteils klappt, ging es diesmal darum, durch das Training mit den Unterarmstützen die Steuerung der links- und rechtsseitigen Verlagerung des Körperschwerpunkts auf das jeweilige Standbein zu verbessern. Außerdem halfen diese Übungen, das Körpergefühl zur Lagewahrnehmung zu schulen. Anschließend lief ich mit Unterstützung durch die Trainer einige Meter im Exoskelett. Auch die Bewegungsabläufe beim "Wenden", welche ja später auch für die Richtungsänderung während des Laufens benötigt werden, konnte ich mehrmals langsam durchexerzieren.

Persönliches Empfinden: Am Montag steckten mir meine Unternehmungen der vergangenenTage noch in den Knochen, so daß es beim Training einige Abstriche gab. (Trotzdem werde ich natürlich auch in Zukunft nicht auf meine Wochenendaktivitäten verzichten, ich muß halt nur damit umzugehen lernen.) Außerdem fehlte Claudia, die als geschulte Physiotherapeutin mir bei den Übungen immer die besten Tips und Rückmeldungen gibt.

Dafür startete die gestrige Trainingseinheit dann bilderbuchmäßig mit einem nahezu perfekten Aufstehen. Ein guter Start spornt zusätzlich an! Auch die Übungen mit den Unterarmstützen liefen sehr gut. Besonders hier stelle ich immer wieder fest, wie sehr die Qualität der Ausführung von einem guten Stand im Gleichgewicht abhängt. Dabei entscheiden nur wenige Millimeter, ob man eher vorderlastig steht oder schon nach hinten kippt. Den optimalen Punkt dazwischen nicht nur zu finden, sondern auch zu halten, erfordert sehr viel Bewegungsgefühl!

Bevor mich die Übungen zur Gewichtsverlagerung zu sehr ermüdeten, absolvierte ich schließlich mit Hilfe durch meine Trainer einige "Trainingsläufe". René führt mich dabei am Becken (bzw. der Steuereinheit des ReWalk in Höhe des Beckens), indem er mich dort nach links bzw. nach rechts auf das jeweilige Standbein schob und damit die Gewichtsverlagerung erheblich unterstützte. Manchmal war das etwas zuviel des Guten, aber das pegelt sich bestimmt noch ein. Trotzdem hatte ich das Gefühl, allmählich eine Vorstellung über das Zusammenspiel der einzelnen Bewegungen (Verlagerung des Körpergewichts, Setzen der Beine, Einsatz der Unterarmstützen) während des Laufens zu entwickeln. Meiner Meinung nach mache ich tatsächlich auch hier schon Fortschritte.

Bei der Drehung des Körpers mit dem ReWalk in eine andere Richtung haben wir uns diesmal viel Zeit genommen, damit ich auch  diese Bewegung mal in seine Einzelbestandteile auflösen kann. Mit wesentlich weniger Unterstützung durch René war das noch ziemlich anstrengend. Aber ich bin auf einem guten Weg. Und das im wahrsten Sinne des Wortes ...

Mittwoch, 16. Oktober 2019

Tag 7: Wiederholung und Festigung von grundlegenden Abläufen

Inhalt: Diesmal ging es wiederholt um das Aufstehen und Hinsetzen. Anschließend daran erweiterte Claudia die Übung mit den Unterarmstützen zum Training der Gewichtsverlagerung um ein zusätzliches Bewegungselement.

Persönliches Empfinden: Der hohe Kraftverschleiß durch meine Wochenendaktivitäten im Handbike machte sich auch noch am Montag bemerkbar. Längst nicht alles klappte so gut, wie bei der vorherigen Trainingseinheit. Vor allem beim Aufstehen ohne Unterstützung haperte es tüchtig. Möglicherweise war das zwar auch durch meine Experimente bedingt, bei denen ich statischere Bewegungsabläufe testete. Jedenfalls waren meine Kraftreserven nach 60 Minuten schon so erschöpft, daß wir das Training für diesen Tag beendeten. Hinsichtlich der Gewichtsverlagung auf das (linke) Standbein habe ich außerdem den Eindruck, daß mir dies bei meiner "schlechteren" Seite (aufgrund einer beginnenden leichten Skoliose der Wirbelsäule) immer noch nicht so gut gelingt. Angesichts dessen ist es trotzdem erstaunlich, wie reativ ruhig ich inzwischen meine rechte Unterarmstütze meist bewegen kann.

Freitag, 11. Oktober 2019

Tag 6: Festigung von Bewegungsabläufen, Übungen zur Gewichtsverlagerung

Inhalt: An diesem Tag haben wir zunächst wieder mehrmals das Aufstehen und Hinsetzen trainiert. Nach einigen Übungen zum Umgang mit den Unterarmstützen startete ein neuer Testlauf für das Gehen. Zur weiteren Vorbereitung auf dessen komplexe Bewegungsmuster wurde danach die seitliche Gewichtsverlagerung mit aufgesetzten Unterarmstützen trainiert sowie die bisherige Übung zum Anheben der Gehhilfen erweitert.

Persönliches Empfinden: Gleich zu Beginn der Trainingseinheit bestätigte sich mein Eindruck, daß ich einen enormen Fortschritt bei den Grundübungen gemacht habe. Das Aufstehen und das Hinsetzen klappen nun ohne Unterstützung, selbst kleine Wackler dabei kann ich kompensieren. Wenn ich stehe, bin ich jetzt auch wesentlich entspannter und muß nicht mehr so viel Kraft zum Halten des Gleichgewichts einsetzen. Natürlich hat das direkte (positive) Auswirkungen auf den Einsatz der Unterarmstützen. Auch hier geht es inzwischen ziemlich unverkrampft zu und ich kann deshalb wesentlich mehr mit verschiedenen Positionen und Haltungen experimentieren.

Beim Gangtraining haben meine Trainer ihre Hausaufgaben gemacht, indem René mit Claudia im Exoskelett in den vergangenen Tagen die Abstimmung zwischen Helfer und Nutzer übte. Mein eigenes kurzes Gangtraining verlief gestern deshalb wesentlich koordinierter. Da wir diesen Test am Ende der Trainingseinheit durchgeführt haben und ich nicht mehr ganz so frisch war, finden die nächsten Gangübungen trotzdem erst an einem der nächsten Trainingstage statt. Stattdessen folgten am Ende der Einheit ein paar erweiterte Bewegungsübungen mit den Unterarmstützen.

Die nahezu dramatischen Trainingsfortschritte motivieren mich unheimlich! Gestern hat es richtig Spaß gemacht!

Dienstag, 8. Oktober 2019

Tag 5: Aufstehen und Hinsetzen, Koordination Gangtraining

Inhalt: Mit den von Marcel in der vorangegangenen Übungseinheit erhaltenen Tips haben wir erneut das Aufstehen und Hinsetzen mit dem "ReWalk Personal 6.0" geübt. Nach einigen Übungen zur Gewichtsverlagerung auf das jeweilige Standbein, d. h. der Übung mit dem einseitigen Anheben der Unterarmstützen, ging es außerdem wieder ans Gangtrainig. Diesmal stand jedoch weniger das eigentliche Laufen im Vordergrund, als vielmehr die Abstimmung meiner Unterstützung durch den Trainer mit den mechanischen Bewegungen des Exoskeletts. Auch für Claudia und René ist diese Handhabung in der Praxis weitgehend Neuland.

Persönliches Empfinden: Diesmal gab es reichlich Erfolgserlebnisse. Vor allem meine Entscheidung, wieder die steife Bauchplatte zur Stabilisierung des Oberkörpers zu verwenden, hatte positive Auswirkungen. Doch auch das seitliche Verlagern des Körperschwerpunkts klappte besser. Im Verlauf dieser Übung, bei der wechselseitig die Unterarmstützen angehoben werden, schien es mir, als ob endlich der Knoten geplatzt wäre und ich inzwischen das dafür notwendige Körpergefühl entwickelt hätte. Die einzelnen kleinen "Tricks" fügen sich allmählich in einem durchgängigen Bewegungsmuster zusammen.

Genauso beeindruckend gut klappte mehrmals hintereinander das Aufstehen und Hinsetzen, sogar ganz ohne externe Unterstützung. In der Rücklage kann ich mich nun aufgrund Versteifung des Oberkörpers durch die Bauchplatte wesentlich besser halten. Daß es im Training bei der Koordination des Gangtrainings ohne Marcels Unterstützung noch nicht rund lief, war kein Drama. Schließlich sind wir alle Lernende, und durch die nicht so perfekt erfolgte Unterstützung bekam ich sogar viel direkter eine Rückmeldung zu meinen Fehlern. Als "Hausaufgabe" will sich René deshalb nun intensiv mit dem Ablauf der Gangbewegung durch das System beschäftigen.

Während des ganzen Trainings wurde ich an diesem Tag übrigens zusätzlich durch eine neue Mitarbeiterin von ORD unterstützt. Linda hat ihre Sache sehr gut gemacht.

Freitag, 4. Oktober 2019

Tag 4: Einüben von Aufstehen und Hinsetzen, Instruktionen zum Gangtraining

Inhalt: Nach der kurzen Aufwärmphase stand Marcel von ReWalk heute sowohl den Trainern wie natürlich auch mir für Konsultationen zur Verfügung. Im Anschluß an die Erörterung des bisherigen Trainingsverlaufs habe ich entsprechend der von Marcel angeregten Korrekturen intensiv die Bewegungsabläufe beim Aufstehen und Hinsetzen mit dem "ReWalk Personal 6.0" geübt. Unter Anleitung von Marcel gab es außerdem die Gelegenheit für mehrmalige kurze Gangabfolgen. Diese dienten nicht nur als Training, sondern schulten auch René darin, wie er mich beim Gehen unterstützen sollte, bis ich die komplexen Bewegungsmuster selbständig ausführen kann.

Persönliches Empfinden: Wenn Marcel anwesend ist, fühle ich mich gleich entspannter und kann Mißerfolge besser wegstecken. Ich denke, das liegt an seinen Erfahrungen als Trainer über viele Jahre, in denen er schon unterschiedlichste Patienten erfolgreich geschult hat. Zwar sind Claudia und René auch gut geschult, doch so viele praktische Erfahrungen haben sie noch nicht sammeln können.

Marcel zeigte mir auch eine bessere Variante, wie ich meine Unterarmstützen vor dem Aufstehen gut in Position bringen kann. Besonders hilfreich war jedoch seine Information, daß das ReWalk-System etwa 95% der notwendigen Kraft zum Aufstehen liefert und man selbst damit nur verhältnismäßig wenig Körpereinsatz zeigen muß. Deshalb kann man sich beim Aufrichten vorrangig auf die Koordination und das Halten des Gleichgewichts konzentrieren. In der Vergangenheit habe ich immer viel zu viel Kraft zum Hochdrücken eingesetzt und bin damit häufig zu weit nach vorn gekommen. Mit diesem Tip lief es nun besser.

Was das eigentliche Gehen betrifft, so wird das eine echte Herausforderung! Denn inzwischen weiß ich, daß ich mich dazu nicht nur in der Senkrechten halten muß. Fast noch wichtiger ist die permanente Gewichtsverlagerung des Körpers auf das jeweilige Standbein, damit das Bein, welches den Schritt macht, diesen überhaupt beginnen kann. Da muß ich noch viel Zeit und Übung in die Bewegungskoordination stecken, denn ich bekomme bei meiner (kompletten) Läsionshöhe unvergleichlich weniger Lagerückmeldungen von meinem Körper! Mit diesem Wissen kann ich kann das aber auch schon zuhause am Freistehbarren üben.

Dienstag, 1. Oktober 2019

Tag 3: Koordination von Bewegungsabläufen

Inhalt: Der Koordination des Setzens der Unterarmstützen an der notwendigen Position im Zusammenspiel mit den Bewegungen des ReWalk-Systems beim Aufstehen und Hinsetzen sowie zur Stabilisation des Körperschwerpunkts im freien Stehen galt diesmal unser Hauptaugenmerk. Den Krücken kommt nämlich die zentrale Bedeutung zu, weil sie die Verlagerung des Schwerpunkts über die stabile Körpermitte hinaus ermöglichen. Vor dem eigentlichen Gangtraining sollte ich die vorgelagerten und nachfolgenden Bewegungsabläufe einigermaßen sicher, d.h. weitestgehend ohne externe Unterstützung durch die Therapeuten beherrschen.

Persönliches Empfinden: Am Montag lief es nicht so gut. Immerhin gab es neben der ganzen verkrampften Wackelei auch ein paar positive Momente, vor allem beim Vor- und Zurückwippen aus dem Stand. Dagegen waren für mich die Übungen zum Ermitteln der richtigen Position der Unterarmstützen für das Aufstehen und Hinsetzen z.T. ziemlich frustrierend. Ich kann die Anleitung für einen gleichmäßigen Ablauf noch nicht ohne hektische Bewegungen und zusätzliche Hilfe durch die Therapeuten in die Praxis umsetzen. Vielleicht helfen aber auf dem Boden angebrachte Klebebandmarkierungen, die "Stöcke" besser zu positionieren. Meine Körperfehlhaltung hat René übrigens inzwischen durch eine Schuheinlage korrigiert.

Freitag, 27. September 2019

Tag 2: Umgang mit den Unterarmstützen, Balancieren

Inhalt: Ziel des Trainings war es, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich bei Bewegungen mit dem angelegten Exoskelett der Körperschwerpunkt verlagert und wie dieser über den dosierten Einsatz der Unterarmstützen beeinflußt werden kann. Außerdem haben wir getestet, inwieweit meiner aufgrund einer beginnenden Skoliose leicht rechtsgeneigten Körperhaltung mit Anpassungen beizukommen ist. Später kann ich das vielleicht selbst ausgleichen, doch für ein "sauberes" Einüben der Bewegungen soll dies hilfreich sein.

Persönliches Empfinden: Heute haben mich die Übungen schon wesentlich weniger angestrengt, auch wenn ich trotzdem Pausen benötigte. Besonderes Aha-Erlebnis war, daß ich viel besser klarkomme und auch entspannter stehe, wenn ich die Arme nicht durchstrecke. Die Ellenbogen müssen immer noch ganz leicht gebeugt sein! Das zu verinnerlichen, wird vermutlich allerdings etwas dauern.

Mittwoch, 25. September 2019

Tag 1: Einführung, Anpassung, erste Schritte

Inhalt: Erstes Treffen mit meinen Trainern Claudia und René sowie Marcel zur Anpassung des Exoskeletts an meine Körpermaße, detaillierte Einweisung der Therapeuten, sowie ein erster "Schnelldurchlauf" von verschiedenen Übungen, um die erfolgten Anpassungen zu überprüfen und ggf. nachzujustieren. Dabei entschieden wir uns auch für den blauen "Brustlatz" aus einem relativ steifen aber weichen Material, der meinen Oberköper (übergangsweise) zusätzlich stabilisiert Außerdem Klärung organisatorischer Rahmenbedingungen sowie der Zusammenarbeit zwischen Trainern und Mitarbeiter(n) von ReWalk Robotics.

Persönliches Empfinden: Es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen den kurzen Test-Trainingseinheiten "zum Schnuppern" und dem jetzt begonnenen Training. Obwohl an diesem Tag wegen der Anpassung des Geräts mehrere verschiedene und auch komplexere Übungen erfolgten, hatte ich genügend Zeit, um mich ganz auf die einzelnen Trainingseinheiten zu konzentrieren. Das machte sich enorm bemerkbar. Ich glaube, das wird was!

Montag, 23. September 2019

... und so beginnt es

Nach einem schweren Sportunfall im Jahr 1999 wurde bei mir eine komplette Querschnittlähmung ab dem 5./6. Brustwirbel diagnostiziert. Seitdem bewege ich mich als Rollstuhlfahrer durch's Leben. Mittlerweile habe ich mich darin gut eingerichtet und sehe mich selbst als glücklichen und zufriedenen Menschen.

Vor ca. drei Jahren konnte ich zum ersten Mal das Exoskelett von ReWalk Robotics testen. Nachdem mir meine Krankenkasse das Hilfsmittel zunächst abgelehnt hatte, erfolgte 2019 in der Auseinandersetzung endlich der entscheidende Durchbruch. Nun wurde mir ein Training inkl. einer Schulung im Gebrauch bewilligt, um die Eignung des Geräts für mich festzustellen.

Das Training werden Claudia und René von der ORD Dresden mit mir durchführen, daneben unterstützt uns aber hin und wieder auch Marcel von ReWalk Robotics mit technischen Tips und bei der Handhabung. An zwei Tagen pro Woche treffe ich mich mit "meinen" Trainern im dafür vorgesehenen Therapieraum in Dresden, um wie vereinbart die 36 Übungseinheiten zu 75 Minuten innerhalb von 3 Monaten zu absolvieren.

Von diesen Trainingseinheiten werde ich hier regelmäßig vor allem Videos, ggf. mit kurzen erläuternden Texten, veröffentlichen, denn bewegte Bilder dokumentieren wohl am besten den Ablauf der einzelnen Übungen sowie meine Trainingsfortschritte. Es wäre schön, wenn die Beiträge für andere Betroffene, die sich ebenfalls mit dieser Thematik beschäftigen, hilfreich sind.